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Rund um das Retreat in den Bergen

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Rund um das Retreat in den Bergen

Cornelia Leisch

Dies ist ein Gastbeitrag von Matthias Stürzer, der das Retreat auf der Firstalm begleitet und bereichert hat.

Zu den Gämsen und zum Murmeltier


Die Natur und die Tiere kommen mir hier oben sehr nahe. Schon am ersten Abend sage ich, dass ich kurz nach Tagesanbruch, um sechs Uhr in der Früh, zum Murmeltierfelsen hinauf aufbrechen will. Am nächsten Morgen, im Zwielicht kommt – bing – eine Nachricht auf mein Handy: ich werde nicht allein gehen. Darüber freue ich mich. 

Gleich hinter der Alm auf der Weide liegen die Kälber gutmütig am Weg. Sie schauen uns an und bleiben liegen, ganz ungestört. Eines lässt sich über den Kopf streicheln und bleibt dabei liegen, streckt aber immerhin seinen Kopf zu mir her. 


Hoch am Himmel über uns stehen rosarote Schäfchen-Wolken. Wir steigen auf dem  taunassen Weg durch den Märchenwald (s.u.) auf. Als wir aus dem Wald heraus treten, sehen wir vier Gämsen, höher oben, neben dem Wanderweg grasen. Mehr als einen Steinwurf weit weg sind sie und freilich haben sie uns gesehen. Als wir schließlich weitergehen, da gehen auch sie ein paar Schritte und fressen dann weiter. Ganz gemächlich streben sie zu den Fels-Schrofen links und verschwinden hinter dicht stehenden kleinen Bäumchen. Von dort her knacken ein paar Zweige, dann ist es wieder völlig still.

Ein paar Windungen des Weges höher erkenne ich den Murmeltierfelsen. Klaus, der Wanderführer hat ihn mir früher im Jahr gezeigt. Es ist der größte und glatteste auf diesem Hang, links vom Weg. Im Morgenlicht sehe ich darauf ein braunes Knäuel. Das Murmeltier ist das, von hinten. Es blickt sich kurz um, zu mir, und schon ist es langsam und ohne erkennbare Hast vom Felsen herunter und dahinter verschwunden, grad als ich für meine Begleiterin dort hin deute.  Der Augenblick ist vorbei. 

Es war allerdings leise, das Murmeltier. Kein schriller Alarm-Pfiff, wie ich ihn früher bei mehreren Gelegenheiten vernommen habe. Ich bin guten Mutes. Meine Begleiterin voran, so steigen wir auf dem Weg weiter hinauf, an „seinem“ Felsen vorbei und gut 30 Schritt höher. Dort legen wir unsere Rucksäcke hinter uns und setzen wir uns bequem am Wegesrand hin, den berühmten Felsen fest im Blick. Die Sonne scheint und wärmt uns, windstill liegt der Hang. Nach wenigen Minuten kommt das Murmeltier hinter einem anderen Felsbrocken hervor und putzt sich im Sonnenschein. Als es dann zu „seinem“ Felsbrocken krabbelt, bewegen sich seine Muskeln wie Wellen unter seinem Pelz. Dort sitzt es lange, dreht uns sein Hinterteil zu und guckt, grad so wie wir, hinunter in das sonnenbeschienene Tal. Es lässt sich Zeit und wir uns auch.

Unten, am Rand vom Märchenwald, kommt ein Rudel leichtfüßiger hellbrauner Tiere hervor. Ich kann im Gegenlicht nicht erkennen, ob das nochmal die Gämsen sind, oder vielleicht Rehe.  Sie grasen, ganz gemächlich. Als sie weiter ziehen steigen auch wir ab. Weil für den Gipfel der Bodenschneid reicht unser Ehrgeiz nicht.  Auf der Sonnenterrasse der Firstalm angekommen, werden wir mit freudigem Hallo begrüßt.

Alle anderen sitzen schon beim Frühstück und jetzt sind wir vollzählig. 


 Der Spaziergang hinauf zum Märchenwald


Im Wald oberhalb der Sennhütte der oberen Firstalm erhebt sich eine kleine senkrechte Felswand. Ihre höchste Stelle liegt gut 100 Höhenmetern über den Hütten, Krettenburg heisst sie. Auf beiden Seiten führen Wanderwege drum herum und dann, vereinigt, zum Gipfel der Bodenschneid hinauf.

Der linke Weg führt an der Sennhütte vorbei, ein kleines Tal hinauf und an einer Viehtränke vorbei. Der rechte Weg führt durch den Märchenwald. Dort stehen uralte, knorrige Bäume mit  mächtigen Ästen und geheimnisvolle Felsbrocken, einladende Grasfleckchen und kleine Täler, nur wenige Schritte lang.


Der Weg verlangt einige schwierige Schritte hinauf über große Steine und an anderen Stellen vorsichtige Schritte durch nasse, weiche Wiesen-Streifen voller tiefer, wassergefüllter Kuhstapfen. Eine ganz trockene Stelle unter hohen Fichten bietet eine schattige Rast und einen Blick hinunter bis zu den Häusern von Schliersee.


Jede Stelle in diesem kleinen Wald ist anders bewachsen. Jeder große Stein hat seinen eigenen Hut auf: mancher ein Bäumchen und drumherum lange Grashalme, andere Kräuterstauden oder rundliche Polster von Sternchenmoos. Dazwischen sind Schwammerl mit ihren kleinen Hüten zu entdecken, rot leuchtende Vogelbeeren und frisch abgeknabberte Fichtenzapfen. Bei den Kräutern duftet es würzig, unter den Fichten harzig.  Ein großer Ameisenhaufen liegt majestätisch neben dem Weg und Ameisenstraßen kreuzen noch in hundert Schritt Entfernung.


Mir besonders lieb sind hier und da ein paar alte, bleiche, lang schon abgestorbene Stämme. Wie Wächter stehen sie am Weg, mächtige Gestalten. Treu, unbewegt und unbeugsam trotzen sie allem Wetter. Sommerhitze, Schneegestöber, Nebelschwaden oder Berggewitter – nichts ficht sie an. Bei meinem Abstieg stehen sie noch genauso da wie bei meinem Aufstieg und so beruhigen sie mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.